5 Rhythmen Tanzen, Erstarrung & Lebendigkeit

Die Notfall-/Überlebensprogramme Kampf, Flucht und Erstarrung

In schwierigen Lebensphasen und Stresssituationen schaltet unser Organismus instinktiv um in seine Notfallprogramme, die vom ältesten Teil unseres Gehirns, dem sog. Stammhirn (= Reptilienhirn) gesteuert werden. Diese Notfallprogramme haben nicht zum Ziel, verschiedene Möglichkeiten gegeneinander abzuwägen, mit unserem Gegenüber eine ruhige Diskussion zu führen oder etwas zu planen, sondern hier geht es darum, das eigene Überleben zu sichern. Diese Notfallprogramme sind dazu da, auf erlebte Bedrohungen reagieren zu können und wir tun dies mit Kampf, Flucht oder (wenn beides nicht möglich ist) mit Dissoziation und Erstarrung (dem sog. “Totstellreflex”).

Je gefährlicher eine Situationen erlebt wird und je länger Stresssituationen andauern, desto eher wird jemand in Erstarrung verfallen und Teile der eigenen Lebendigkeit für eine gewisse Zeit unterdrücken und aus seinem Bewusstsein und seiner Erfahrungswelt abspalten. Das Leben wird eingeschränkter, trister, vieles wird problematisch und Veränderungen bedrohlich und schwierig.

Lebendigkeit und Lebensenergie sind jedoch nicht einfach verschwunden: Sie sind weiterhin da in uns, wo sie beispielsweise als Gereiztheit, Aggressivität, Angst oder Schmerz erlebt werden – mit anderen Worten als Stress und innere Unruhe – die sich auf seltsame Weise mit Gefühlen innerer Lähmung und Erstarrung vermischen. Ein Cocktail intensiver und sehr konträrer Empfindungen.

Frühkindliches Trauma und Todesangst

Wenn sich ein kleines Kind oder ein Embryo im Bauch seiner Mutter bedroht fühlt, erlebt es Todesangst. Dauern solche Gefahrenmomente an, wird sich das Kind vermutlich später im Erwachsenenleben ängstlicher, empfindsamer und verletzlicher fühlen, als andere Menschen. Und es wird auf neue Situationen, Phasen des Übergangs und auf erlebte Gefahr oder manchmal sogar auf positive, freudige Erregung, eher mit diesen Notfallprogrammen und mit Kampf, Flucht oder Erstarrung reagieren.

Wenn du zu diesen Menschen gehörst, die in ihrer Kindheit Schwieriges (frühe Trennungen, Gewalt, fehlende Bindung etc.) erlebt haben und du dich häufig gestresst, unruhig, niedergeschlagen oder gelähmt fühlst, ist es zuallererst wichtig, dir bewusst zu machen, dass es gute Gründe gibt für deine Gefühle, Körperempfindungen und deine größere Empfindsamkeit und nicht dagegen anzukämpfen. Stattdessen geht es darum, all diese Empfindungen auf dosierte und achtsame Weise zu fühlen, unterbrochene Reaktionsweisen sich vollenden zu lassen und wieder zu integrieren. Es gibt verschiedene Wege und Möglichkeiten, um aus unverarbeiteten Traumata und aus diesen autonomen Überlebensprogrammen wieder herauszufinden und dich mit deiner inneren Lebendigkeit und Ganzheit so zu verbinden, dass dieses lebendig Sein dich nicht überfordert, angenehm für dich ist und du dich sicher fühlen kannst dabei. Wenn Du darin Unterstützung wünschst, dann begleite und unterstütze ich dich mit meinen Angeboten sehr gerne auf deinem Weg zu mehr Lebendigkeit und Lebensfreude.

5 Rhythmen Tanzen – Erstarrung und Lebendigkeit

Auf meinem eigenen Heilungsweg haben mir – nebst den vielen wunderbaren Beziehungen und Begegnungen, die ich erleben durfte – Somatic Experiencing, die Spannungs- und Traumalösenden Körperübungen und das 5 Rhythmen Tanzen sehr geholfen. Allen drei ist gemeinsam, dass sie uns mit unserem Körper verbinden, das ganzheitliche und achtsame innere Gewahrsein schulen und uns helfen, nach Phasen oder Momenten innerer Erstarrung, wieder mehr Lebendigkeit, Verbundenheit, Flow und Ruhe empfinden zu können. Besonders das 5 Rhythmen Tanzen kann eine wunderbare Praxis sein, um in einer Gruppe Gleichgesinnter und in einem sicheren Rahmen, den Körper zu fühlen, ihn zu bewohnen und das, was sich vielleicht in uns erstarrt, blockiert, schmerzhaft oder unbeweglich anfühlt, einfach wahrzunehmen, ohne es verändern zu müssen oder zu wollen, sich dem Rhythmus der Musik und den auftauchenden Bewegungen anzuvertrauen und sich davon mittragen und verändern zu lassen. Lebendigkeit bedeutet Veränderung. Das eine geht nicht ohne das andere. Was lebendig ist, will und muss sich verändern und wandeln, möchte wachsen, Nähe erleben und in Kontakt sein …

Ich möchte meine Ausführungen beenden mit einem längeren Zitat von Gabrielle Roth, der Begründerin des 5 Rhythmen Tanzens, für die ich sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit empfinde:

Ich möchte meine Schüler dazu verführen, die Schleier abzustreifen, damit sich das Licht ihrer Göttlichkeit zeigen kann. Doch um ans Licht zu gelangen, müssen wir erst das Herz der Finsternis durchqueren. Aber ist es nicht die Dunkelheit, aus der das Licht gemacht ist?
Ich glaube, dass wir alle einen Funken des ursprünglichen Lichts der Schöpfung in uns tragen. Ich habe gesehen, wie es die Gesichter und die Körper tanzender Menschen erleuchtete. Auf mannigfache Weise hat sich mir offenbart, dass Gott selbst der Tanz ist und dass wir nur in ihm zu verschwinden brauchen, um die sexuellen, die schöpferischen und die heiligen Aspekte der Seele zu befreien.
Rhythmus ist unsere Muttersprache. In die Hingabe an die wilde, ekstatische Umarmung des Tanzes habe ich eine Sprache von Mustern entdeckt, die uns zuverlässig zu universellen Wahrheiten führt, die älter sind als die Zeit. Im Rhythmus des Körpers lassen sich die Spuren unserer Heiligkeit nachzeichnen, die Wurzeln, die zu allem Anfang zurückführen. Der Rhythmus führt uns in Seinszustände, in denen sich alles Persönlichkeitsbildende in einem ewigen Energiefluss auflöst.
Energie bewegt sich in Wellen. Wellen bewegen sich in Mustern. Muster bewegen sich in Rhythmen. Ein menschliches Wesen besteht aus eben diesen Dingen: aus Energie, Wellen, Mustern und Rhythmen. Aus nicht mehr. Aus nicht weniger. Aus einem Tanz.

Gabrielle Roth

Zitat aus dem Buch von Gabrielle Roth: Leben ist Bewegung. Tanz als Weg der Selbstbefreiung. Ullstein Verlag, Berlin.

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