Das Mysterium des Menschseins
Die Menschen, die in eine Beratung oder für Traumaarbeit zu mir kommen, wünschen sich Hilfe und Unterstützung, um mit einem aktuellen Problem oder einer schwierigen Lebenssituation besser umgehen, sie verstehen und meistern zu lernen. Mitgefühl und Verständnis für uns selber scheinen mir für Beratung und Heilung ganz zentral zu sein. Wenn wir die Absicht haben, unsere Psyche, unseren Körper und unsere Seele zu fühlen, zu erkunden und damit in Kontakt zu sein, werden wir uns mit der Zeit verbundener fühlen und ein Gefühl für unsere innere Ganzheit entwickeln. Es wird möglich, wieder mehr aus unserem gesunden Kern heraus zu leben und weniger aus unseren traumatischen Anteilen oder unseren Überlebensmustern. Und wir werden über mehr Handlungsmöglichkeiten verfügen und erhalten wieder Zugang zu unseren Visionen und unserem Potential.
Die Macht und Kraft unseres Unbewussten
Das klingt alles sehr schön, nicht wahr? Und meine Erfahrung zeigt auch, dass dem so ist. Sonst würde ich meine Arbeit nicht mit zunehmender Begeisterung ausüben und wäre nicht glaubwürdig. Ich möchte jedoch an dieser Stelle nicht verheimlichen, dass die Macht früher Erfahrungen und unseres Unbewussten und der autonomen Reaktionsweisen, die unseren Organismus steuern, sehr stark sind. Viele Erlebnisse und Verhaltensweisen (ganz besonders die schmerzhaften Erfahrungen und Prägungen der ersten Lebensjahre, der Geburt und aus der Schwangerschaftszeit) sind unbewusst und in der Regel haben wir keine oder nur wenige aktive Erinnerungen an diese Zeit. Mit entsprechender Übung und in einem sicheren therapeutischen Rahmen (und manchmal sogar auch ungewollt in gewissen aussergewöhnlichen Situationen) können solche Erfahrungen und Muster jedoch bewusstwerden, und wir realisieren, dass wirklich ALLES, was wir jemals erlebt haben – auch die Art und Weise, wie wir etwas wahrnehmen, psychisch und körperlich empfinden oder interpretieren, in uns ab-gespeichert ist und uns letztlich auch ausmacht. Dazu gehören die bereits erwähnten vegetativen Prozesse, die sekündlich unser Überleben sichern und die autonom in uns ablaufen, denen wir uns aber bis zu einem gewissen Grad gewahr werden und auf die wir moderierend Einfluss nehmen lernen können.
Schmerzhaftes bewusst annehmen und fühlen lernen
Der Mensch gehört nun aber zu den Lebewesen, die über Bewusstsein verfügen und die sich selber beobachten können. Wir sind nicht ausschliesslich instinktgeleitete Wesen. Wir können Mitgefühl für uns selber und für andere Lebewesen oder die Natur entwickeln und Einsicht und akzeptieren lernen, dass selbst intensive, schmerzhafte oder uns ängstigende Empfindungen (wie beispielsweise die immense Verletzlichkeit und völlige Abhängigkeit eines Babys oder Kleinkindes) Teil unserer Erfahrungswelt sind und somit zu uns gehören.
Traumaarbeit und das Mysterium des Menschseins
In einer Beratung oder Traumaarbeit wird es darum gehen, intensive, bedrohliche Gefühle und schmerzhafte körperliche Empfindungen fühlend wahrnehmen und dosieren/regulieren zu lernen – besser gesagt in uns zu halten, wie in einem Gefäss – statt sie (wie vielleicht oft) blind auszuagieren, auf Aussenstehende zu projizieren oder mit Essen, Trinken, Sexualität, Einkaufen, Sport, Arbeit u.a. zuzudecken oder zu kompensieren. Und nichts gegen all die genannten Aktivitäten. Es ist immer eine Frage, wie und weshalb wir etwas tun. Wenn wir jedoch essen oder Alkohol trinken oder einkaufen gehen etc., damit wir eine schmerzhafte Emotion, die vielleicht schon lange darauf wartet, ausgedrückt und gefühlt zu werden und die gerade in uns aktiviert ist, nicht erleben müssen, werden wir weder unserem momentanen Gefühlsleben, noch dem Teil in uns, der das Leben mit allen Sinnen geniessen möchte, gerecht.
Beratung und Traumaarbeit sind für mich die Mittel und Pfade einer nie endenden Entdeckungsreise. Als Kind interessierte ich mich für Archäologie, für die Meeresforschung von Jacques-Yves Cousteau oder wollte Journalistin werden … bis ich in meinen jungen Erwachsenenjahren auf Erich Fromms Bücher Die Kunst des Liebens, die Furcht vor der Freiheit und Zen-Buddhismus und Psychoanalyse stiess und mich wenig später für ein Studium der Psychologie einschrieb. Und auch heute kann ich mir kaum etwas Spannenderes und Erfüllenderes vorstellen, als das Mysterium des Menschseins und des Lebens täglich weiter und bewusster zu erfahren und zu erkunden und mit meiner Arbeit andere Menschen auf ihrem eigenen Weg und ihrer Entdeckungsreise zu sich selber zu unterstützen und zu begleiten.